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22.6.2021 
Ein Text von Michael Komuczki

Karpfenangeln:

Mit diesen 6 ausgeklügelten Tipps vom Profi zum Erfolg

Platz, geografische Lage, Besatz: Auf was Sie beim Karpfenangeln achten sollten, verrät Profi Michael Komuczki. 6 wichtige Tipps.

Ein Text von Michael Komuczki

Einer der entscheidendsten Aspekte für den Erfolg beim Großkarpfenangeln ist die Gewässerauswahl. Die erfolgsorientierte Auswahl von Gewässern erfordert von uns besondere Beurteilungsschritte sowie das Beachten einer Vielzahl von Faktoren und Merkmalen, denen wir uns nicht verschließen sollten.

Die Masse unserer heimischen Fischwasser werden von Fischereivereinen bewirtschaftet. Der Erwerb einer Lizenz ist zumeist nicht möglich oder oft mit sehr großer Wartezeit verbunden. Aber auch nach Erhalt der Lizenz ist nicht gesagt, dass wir die Berechtigung für ein Top-Gewässer erworben haben. Denn selektive Entnahme zum Erhalt und Aufbau einer starken Karpfenpopulation wird an vielen dieser Reviere nur vereinzelt praktiziert. Viele schon gut abgewachsene Zukunftsfische überleben manchmal oft nicht ihren ersten Fang, leider. Der Erwerb von zeitlich begrenzten Lizenzen ist gerade in Österreich nur an einer geringen Anzahl von Gewässern möglich. Deshalb sind wir in unseren Aktivitäten sehr eingeschränkt, insbesondere in der näheren Umgebung des Wohnortes. Trotz der Habenseite der leichten Erreichbarkeit und auch des geringeren Aufwandes haben wir oft durch die Einschränkungen der geltenden Angelbestimmungen und des starken Beangelungsdrucks an so manchen unserer Hausgewässer nicht jene Erfolge, die wir uns erhoffen. Aufgrund der angeführten Fakten begeben sich sehr viele von uns auf die Suche nach einem Top-Gewässer, in dem der Fang von Großfischen möglich ist. Worauf wir achten sollten:

1. Materielle und zeitliche Möglichkeiten

Bevor wir uns näher mit der Gewässerauswahl beschäftigen, sollten wir uns Gedanken über unsere zeitlichen und finanziellen Ressourcen machen. Der Fang von Ausnahmefischen erfordert von uns einiges mehr an Zeitaufwand sowie  finanziellen Mitteln.

Aufgrund der von uns erwogenen Entscheidungsgrundlagen werden wir zum Entschluss kommen, ob für unsere Karpfenansitze ein Gewässer in näherer Umgebung, oder auch ein weiter entferntes Gewässer in Frage kommt.

2. Kartenstudium

Der Ausgangspunkt für alle weiteren Überlegungen sollte ein intensives Kartenstudium sein, egal ob das Gewässer in der näheren Umgebung liegen soll oder auch weiter entfernt ist. Besonders in der näheren Umgebung gibt es oft Gewässer/Reviere, die einem nicht bekannt sind.

Mit einer Landkarte im Maßstab 1:200.000 oder 1:50.000 kann man sehr oft noch in leicht erreichbarer Nähe ein Gewässer ausfindig machen, welches man nicht kennt und das möglicherweise starke Fische beheimatet. Aber auch bei der Auswahl von Gewässern, die weiter entfernt sind, als auch bei Gewässern im Ausland ist die Karte ein gutes Hilfsmittel. Auch lässt sich anhand der Karte schon bezüglich der Gewässerstruktur oft einiges ableiten. In der heutigen Zeit steht uns mit Google-Maps und der Satelliteneinstellung ein noch viel geeigneteres Hilfsmittel zur Verfügung. Im Ausland werdenuns jedoch die Karte und Google-Maps allein nicht immer weiterhelfen.

 

Diese alte ungarische Angelkarte war mir schon oft sehr hilfreich.

Hier sind uns die Auswertung von Fangmeldungen und auch Berichte aus den Angelzeitschriften eine lohnende Hilfe. Besonders deshalb, da wir nicht die Zeit und die Mittel für wochenlange Erkundungstrips in unseren Nachbarländern haben.

Sehr oft lesen wir regelmäßig in den Statistiken über den Fang von starken Fischen an bestimmten Gewässern.

Gerade die Meldungen über den Fang von Großkarpfen an großen, naturbelassenen Gewässern sollten wir nicht außer Acht lassen. Insbesondere dann nicht, wenn sich die Fangmeldungen an einem Gewässer verdichten.

3. Geographische Lage/Gewässerstruktur/Wassertemperatur

Das Wachstum des Karpfens wird einerseits von deren Rasse andererseits von der Nahrungsaufnahme beeinflusst. Die Nahrungsaufnahme steht wieder im Zusammenhang mit der Wassertemperatur. Die Wassertemperatur wird abermals durch die geographische Lage bzw. durch die Witterung (durchschnittliche Lufttemperatur) beeinflusst. Wir sollten ein nicht allzu tiefes Gewässer mit hinreichender durchschnittlicher Wassertemperatur (wärmere Region) bevorzugen. Hierbei ist ein starkes Nord-Südgefälle vorstellbar. Ausnahmen stellen diesbezüglich Warmwassereinleiter von Kraftwerken dar. Je länger die Fressphase des Karpfens aufgrund der Wassertemperatur anhält, umso größer wird die Chance, dass in diesem Gewässer ein Ausnahmefisch heranwächst. Die Wassertemperatur wird auch stark durch die Gewässertiefe beeinflusst. Seichte Gewässer erwärmen sich viel rascher als tiefe Gewässer und kühlen im Herbst auch wieder schneller ab. An flachen, großen Gewässern haben wir auch die besten Voraussetzungen für das Entstehen von natürlicher Nahrung aufgrund des Lichteinfalles. Auch ein rascher/ständiger Sauerstoffwechsel ist an diesen Gewässern wegen deren Größe sowie der Gewässerschichtenumwälzung bei kräftigem Wind vorhanden. Der Balaton war für mich mehr als ein Jahrzehnt ein solches Gewässer.

In tiefen Gewässern sind sehr oft tote Zonen (Sauerstoffmangel/Licht/Nahrung) gegeben. Deshalb sind diese Gewässer vielfach nicht so produktiv wie flache Gewässer.

Große, flache Gewässer haben auch den Vorteil, dass in ihnen die Nahrungskonkurrenz kleiner ist als in kleineren Gewässern. Durch den Nahrungsüberschuss in großen Gewässern wachsen die Fische in diesen besser ab. An großen Gewässern sind die Fische jedoch weit schwieriger ausfindig zu machen und an den Futterplatz zu gewöhnen/binden.

Der Plattensee war für mich mehr als eine prägende Herausforderung.

Gewässererkundung Anfang der 90-er in Ungarn Zalaszentmihály. Damals hatten wir nur die Karte, Erfahrung und Beurteilungsgabe.

4. Erkundung vor Ort

Ich persönlich bevorzuge eine Gewässererkundung vor Ort. Einerseits kann man sich von der Gewässerstruktur ein besseres Bild machen, andererseits kann man sich auch am Gewässer ein wenig umhören. Von der einheimischen Bevölkerung/Anglern erhält man oft wertvolle Informationen. Auch bei den ortsansässigen Angelgerätehändlern kann man oft Wissenswertes bezüglich der Rahmenbedingungen (Bestimmungen) sowie der Fangergebnisse einholen. Die Erkundung – vor Ort beschränkt sich für mich sicherlich auf Entfernungen von zwei- bis dreihundert Kilometer. Bei größeren Distanzen sollte man diese auch mit einem mehrtägigen Angelgang verbinden.

Die erhaltenen Informationen sollten wir jedoch kritisch bewerten. Gezeigte Fotos sind diesbezüglich schon überzeugender. Denn die Märe vom Riesenfisch, der Seerosenfelder niedermähte und starke Schnüre sprengte, haben wir schon viel zu oft gehört.

5. Natürlicher Bestand/Besatz

Eine sehr wesentliche Information ist die Bestandsdichte an Karpfen des Gewässers, das wir beangeln wollen. Reproduzieren (Laichen) die Karpfen in diesem Gewässer? Doch noch wesentlicher ist: Gibt es hier wirklich ein Aufkommen von unserem Zielfisch jährlich? Nur wenn die Rahmenbedingungen absolut passen, wird aus den geschlüpften Larven ein Karpfen heranwachsen. An wenigen besonderen Gewässern – wie dem Po und auch fallweise an der Tisza (nicht alljährlich) – gibt es ein natürliches Aufkommen an Karpfen.

In unseren Breiten wird die Erhaltung der Bestände mit Masse durch Besatzmaßnahmen abgedeckt. Wenngleich in besonderen Habitaten wie den Donauauen es auch fallweise zu einer natürlichen Reproduktion kommen kann. An den Gewässern in unseren Regionen sind Informationen bezüglich der erfolgten Besatzmaßnahmen wesentlich für unseren Angelerfolg. Wurde das Gewässer schon besetzt und in welcher Größenordnung?

Wie lang liegt der Erstbesatz zurück? Sehr positiv auf die Fischstruktur wirkt sich auch aus, wenn nicht zu intensive Besatzmaßnahmen getätigt wurden. Der Erstbesatz sollte hingegen mindestens 20 Jahre zurückliegen. Auch wäre es von Vorteil, über die Herkunft des Besatzes etwas ausfindig zu machen.

Ein einsömmeriger Karpfen aus der Tiszaregion - hier laichen sie noch.

 Aus den getätigten Besatzmaßnahmen wächst der eine oder andere Großkarpfen heran.

Dadurch ist man befähigt, Ableitungen über die besetzte Rasse sowie deren Wachstum zu treffen. Die Ursprungsheimat unseres heutigen Karpfens ist Mittelasien. Durch natürliche Wanderungen verbreitete sich der Karpfen ins Kaspische und Schwarze Meer, von dort gelangte er in den mitteleuropäischen Raum . Es lässt sich jedoch kaum mehr nachvollziehen, ob sich der Karpfen natürlich verbreitete oder ob dies durch Einfuhr geschah. Schon von den Römern wurde der Karpfen angeblich über Griechenland nach Italien eingeführt und über Jahrhunderte von Menschenhand weiter gezüchtet. Als am widerstandsfähigsten stellte sich die Urform des Wildkarpfens heraus. Die Schuppen- und Spiegelkarpfen wachsen von allen Karpfenformen jedoch am besten ab. Wobei die Schuppenkarpfen gegenüber den Spiegelkarpfen als unempfindlicher gelten. Kreuzungen von Rassen aus dem slawischen und pannonischen Raum sind oft sehr großwüchsig. Das sollten wir in unseren Entschlüssen berücksichtigen.

6. Die Wahrscheinlichkeitsrechnung

Die Chancen auf den Fang eines Ausnahmefisches lassen sich anhand einer angenommenen Wahrscheinlichkeitsrechnung verdeutlichen. Gehen wir davon aus, dass in einem 6 ha großen Gewässer seit ca. 25 Jahren ein jährlicher Karpfenbesatz von 500 bis 1.000 kg erfolgte. Sollten in den letzten 15 Jahren aus jedem Besatz etwa zwei Fische im Gewässer verblieben sein, so sind in diesem Gewässer in unserem Raum bei normalem Wachstum (0,75 kg) jetzt ca. 30 Stkück 10 bis 15 Kilo sowie ca. 15 Stk Stück fünf bis zehn Kilo Fische sowie reichlich Besatzfische unterwegs.

Wenn aus diesem Bestand fünf Karpfen besonders gut abgewachsen sind, so wiegen diese möglicherweise jetzt an oder über 20 kg. Um diese Karpfen zu fangen, stehen die Fangchancen für uns nicht besonders gut. Der Fang dieser starken Fische erfordert viel Ausdauer, Geduld und Beharrlichkeit. Ich bin oft schon sehr lange Zeit auf einen Ausnahmefisch angesessen, bis ich Erfolg hatte.

 

Kurz und knackig

Der Gewässerauswahl beim Fang von Großkarpfen kommt große Bedeutung zu. Sie erfordert einiges an Erfahrung und Kenntnisse von uns. Wir sollten größere, nicht allzu tiefe Gewässer ausfindig machen, die eine durchschnittlich hohe Wassertemperatur aufweisen. Das Gewässer sollte nicht übermäßig besetzt sein. Je größer das Gewässer umso geringer ist vielfach der Angeldruck, sofern die Berufsfischerei an diesem verboten ist. Auch sollten Sie darauf achten, dass Sie von den geltenden Bestimmungen (Nachtangel-, Boilie-, Bootsangelverbot) nicht zu stark eingeschränkt werden. Besonders im slawischen, pannonischen, aber auch italienischen Raum sind sehr gute Möglichkeiten mit wenigen Einschränkungen für ein erfolgreiches Karpfenangeln gegeben.

Bei schon bekannten Karpfengewässern ist für uns Angler manches klarer (bekannte Paylake, Radudta, Merenje, etc.).

Der Po ist der bestandstärkste und die Tisza der schönste Fluss der Welt.

Die Herausforderung liegt für mich jedoch in den nahezu anonymen heimatlichen/benachbarten Gewässern (Donau, Drau, Balaton, Tisza, Po etc.). Solch natürliche, schwierig zu beangelnde Gewässer verlangen uns alles ab, bringen aber vielfach Enttäuschungen, die es zu bewältigen gilt. Der Fang eines starken Fisches an diesen Gewässern erfordert von uns das Ziehen an allen Registern unseres Wissens, Fähigkeit und Erfahrungen. Fische, die wir an solchen Gewässern über den Kescher führen konnten, haben für uns Angler sicher einen gewaltigen Stellenwert.

"Wer das Ziel nicht kennt, wird den Weg nicht finden!"

Viel Erfolg beim Aufspüren von Top-Gewässern wünscht Michael Komuczki.