• 20. - 23. Februar 2025
  • Messezentrum Salzburg

Wenig bekannt: Warum der unbeeinflusste Fluss zum Angeln reizt

Auch im Fischerparadies Mitteleuropa sind unberührte, rein von der Natur bestückte Flüsse mittlerweile eine echte Seltenheit. Können Renaturierungen alte Bausünden ausbügeln? Ein Kommentar von Lukas Vendler, passionierter Fliegenfischer.    

Als Fliegenfischer ist man in Mitteleuropa vermutlich zwei Leben lang beschäftigt all die Flüsse zu erkunden, die man befischen könnte. Glasklare Gewässer reihen sich an rauschende Bäche, oft mit Trinkwasserqualität. Selbst in den tiefen Gumpen der Flüsse lässt sich am Grund jeder Kieselstein erkennen. Wir haben eine Gewässerqualität, die ihres gleichen sucht. Aber das ist nicht selbstverständlich und  auch in diesem vermeintlichen Paradies gibt es Makel.

Gute Wasserqualität wurde hart zurück erkämpft

Ich bin 1992 geboren. Mit zwölf Jahren habe ich zum Fliegenfischen begonnen und bin hauptsächlich an österreichischen Gewässern unterwegs. Damals war die Wasserqualität schon 1A. Wer schon einige Jahrzehnte fischt, weiß, wie es um die Wasserqualität in vielen Flüssen früher stand. Ich kenne dies Gott sei Dank nur aus Erzählungen. Firmen, die ihre Abwässer ungefiltert eingeleitet haben. Trübes Wasser und Schaumteppiche, die an der Wasseroberfläche trieben und sich in den Böschungen sammelten. Kläranlagen waren teilweise einfach noch nicht vorhanden. Die gute Wasserqualität von heute ist hart zurück erkämpft worden. Das sollte jedem Fischer bewusst sein.

"Einen Wildfisch zu überlisten ist eine fordernde Aufgabe, aber es lohnt sich", so Vendler.

© Lukas Vendler

© Lukas Vendler

Was dem Fischerglück im Wege steht

Es gibt eine Vielzahl an heimischen Fischen, denen man in Fließgewässern nachstellen kann. Äschen, Bachforellen, Huchen, Barben, Döbel etc. gehören zu den häufigsten Vertretern die fischereilich interessant sind. Somit steht einem Fischer dem Glück nichts mehr entgegen. Ganz so ist es leider nicht.

Der Reiz eines unbeinflussten Flusses

Wer die Ökologie unserer Flüsse genauer betrachtet, trifft immer noch auf einige Probleme. Wer jemals das Glück hatte in einem tatsächlich „wilden“, also kaum beeinflussten Fließgewässer zu fischen, weiß wovon ich schreibe. Flüsse ohne Kraftwerke, ohne künstliche Steinwürfe oder anderen Regulierungen sind selten geworden. Flüsse mit wilden Fischbeständen, die sich seit Generationen an ihren Lebensraum anpassen konnten, sind noch seltener.

Dynamische Fischbestände

In solchen Gewässern ist es deutlich schwieriger Fische zu fangen. Und selbst wenn es gelingt, dann sind diese Fische oft deutlich kleiner als man es gewohnt ist. Aber nur, weil hier das Ökosystem noch in Ordnung ist. Schwankungen der Fischbestände sind völlig normal, denn Beständigkeit in der Natur gibt es nicht. Alles ist dynamisch. Große Fische sind die absolute Ausnahme. Die Fische sind scheu. Jeder noch so minimal unachtsame Wurf mit der Fliegenrute wird mit flüchtenden Fischen bestraft. Eigentlich ganz normal, denn nur die Vorsichtigen überleben.

Fische aus dem Zuchtbecken

Fische aus Zuchtbecken hingegen sind kaum fähig in einem Fluss zu überleben. Sie kennen viele Gefahren nicht, Verstecke werden nicht angenommen und auch ein natürliches Futterangebot an Insektenlarven und Krebstierchen sind ihnen fremd. Diese Fische sind meistens Regenbogenforellen, gezüchtet, um möglichst schnell viel Gewicht auf die Waage zu bringen. Sie sind für uns Angler leicht zu fangen. Noch leichter ist es aber für Otter, Kormoran und Reiher diese Zuchtfische zu erbeuten.

Ein frei fließender Fluss wie die Natur ihn erschuf.
© Lukas Vendler

Begradigter Fluss.
© Lukas Vendler

Können Renaturierungen alte Bausünden ausbügeln?

Wo es möglich ist, sollte der Wildfischbestand geschützt werden. Am besten funktioniert das über eine Flusslandschaft. Wildfische brauchen je nach Alter und Jahreszeit unterschiedlichste Strukturen im Fluss. Ein Gewässer sollte Versteckmöglichkeiten für Fische bieten, langsam fließende und schnell fließende Passagen haben. Tiefe Gumpen und flache Züge. Es braucht auch Stellen, an denen der Fisch einen idealen Untergrund zum Ablaichen findet.

Kein Geld für nötige Rückbaumaßnahmen

Im Jahresverlauf bewegen sich Fische teilweise kilometerlang in ihrem Flusssystem. Idealerweise sollte das möglichst barrierefrei funktionieren. Nur dann kann ein Fisch sich in einem Flusssystem reproduzieren und entwickeln. Viele Flüsse bieten diese Anforderungen nicht mehr. Siedlungen sind knapp an Flüssen gebaut worden und Straßen verlaufen entlang der Flüsse. Bauwerke, die von der Kraft des Flusses durch Regulierungen geschützt werden müssen. Strom wird benötigt und Wasserkraftwerke decken diesen Bedarf. Renaturierungen und Fischtreppen sind hier ein wichtiges Werkzeug, um Bausünden aus den vergangenen Jahren rückgängig zu machen. Leider gibt es oft keinen Platz und kein Geld für nötige Rückbaumaßnahmen. Ein schwieriges und komplexes Dilemma.

Sportfischereiverein Baden setzt Maßnahmen

Doch lassen sich oft Kompromisse finden. Nachhaltigkeit in der Bewirtschaftung dieser Flüsse ist ein Thema. Der Sportfischereiverein Baden, bei dem ich seit Jahren ein aktives Mitglied bin, hat vor einigen Jahren begonnen umzudenken und die ersten Schritte zur Nachhaltigkeit gesetzt. Es gibt ein Wildfischzuchtprogramm, das vorerst versuchsweise läuft, um die Wildfischbestände der Bachforelle zu retten. 2019 wurde bei einem unserer Flüsse eine weite Strecke renaturiert. Sukzessive werden die Kraftwerke mit Fischtreppen ausgestattet und fischschonende Turbinen eingebaut. 

Im Wienerbecken befindet sich dieses Naturdenkmal.
© Lukas Vendler

Unberührte Gewässer sind ein ideales Training für Fischerfähigkeiten

Meiner Meinung nach müssen wir Schritte in die richtige Richtung gehen. Ich empfehle jeden begeisterten Fischer einmal ein Gewässer aufzusuchen, das zumindest über weite Strecken frei fließt und Reviere zu befischen, in denen gar nicht oder nur nachhaltig besetzt wird. Es ist ein Erlebnis und ein absolutes Privileg, das zum Nachdenken anregt und auch einem selbst als Fischer hilft seine Fähigkeiten zu verbessern. Man lernt noch feiner und präziser zu werfen. Die Auswahl der richtigen Fliege muss noch bewusster getroffen werden. Einen Wildfisch zu überlisten ist eine fordernde Aufgabe, aber es lohnt sich. Es sollte auch die Aufgabe von uns Anglern sein, den Lebensraum der Tiere, die wir so schätzen, auch zu schützen. Es liegt nicht zuletzt auch in unserem Interesse an einem vitalen Gewässer zu fischen und dieses an die nächste Generation weiterzugeben.

Die Liebe zur Natur spiegelt er auch auf seinem Instagram Account wieder.